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Ulnare Seitenbandruptur am Daumengrundgelenk (sog. Schidaumen)

Definition

Bei der gewaltsamen Abspreizung des Daumens im Grundgelenk kommt es bei ausreichender Krafteinwirkung zu einem Riss des ellenseitigen (ulnaren) Bandapparates. Dabei handelt es sich entweder um den Abriss am Ansatz des Bandes am Grundglied, einen Ausriss mit einem knöchernen Fragment der Grundgliedbasis in verschiedener Größe oder sehr selten, um einen Riss des Bandes in sich. Das ulnare Seitenband ist am Daumengrundgelenk der einzige Stabilisator für den Daumen beim Zugreifen. Durch eine eventuell entstehende Instabilität (Lockerung) des Bandes im Falle einer narbigen Fehlheilung kommt es zu einer schmerzhaften Greifstörung.

Ursachen

Die klassische Ursache ist der Sturz beim Schilaufen mit dem, durch die Schistockschlaufe an der Hand fixierten Griff des Schistockes, an dem dann der Daumen im Grundgelenk in eine Abspreizbewegung gezwungen wird. Dabei kommt es dann zur ulnaren Seitenbandruptur. Es sind aber auch andere Verletzungsmuster möglich. In meiner (Berliner) Sprechstunde stellen Fahrrad- oder Motorradstürze die häufigste Ursache dar.

Erscheinungsbild

Bei der ulnaren Seitenbandruptur kommt es immer zu einer ausgeprägten Schwellung der Daumengrundgelenksregion, die nach wenigen Stunden zu einer deutlichen Blutergussverfärbung führt. Manchmal liegt eine äußerlich erkennbare Achsabweichung des Daumens nach speichenseitig vor. Es besteht ein Druckschmerz über dem inneren Aspekt des Daumengrundgelenkes.

Diagnostik

Die Diagnose der ulnaren Seitenbandruptur kann eigentlich leicht aus der klinischen Symptomatik und der Schilderung des Unfallgeschehens vermutet werden. Wie bei allen verletzten Händen sollte vor manuellen Untersuchungen eine Röntgenuntersuchung des verletzten Daumens erfolgen, um nicht eine knöcherne Verletzung zu übersehen und dem Patienten unnötige Schmerzen zu ersparen. Nach Ausschluss einer Fraktur des Grundgliedes und des Mittelhandknochens ist für die Diagnose der ulnaren Seitenbandruptur die Stabilitätsprüfung des Bandes zwingend erforderlich. Dabei wird (immer im Seitenvergleich!!) in Streckung und ca. 20-30° Beugung die sog. „Aufklappbarkeit“ des Gelenkes klinisch geprüft. Dadurch kann bei entsprechender Erfahrung die Diagnose sicher gestellt werden. Die früher oft erfolgte sog. „gehaltene Aufnahme“ ist nicht nötig. Sollte der Schmerz beim Patienten stark ausgeprägt sein, so kann eine Betäubung der verletzen Region durch eine verletzungsferne sog. Leitungsanästhesie Sinn machen. Alternativ kann man auch für 2-3 Tage den Daumen ruhig stellen und dann die Stabilitätsprüfung ausführen. Die Stabilitätsprüfung muss auch erfolgen wenn eine kleine knöcherne Aussprengung vorliegt, da gelegentlich das Band intakt bleibt und dann bei fehlender Instabilität eine Operation unterbleiben kann.

Eine MRT zur Diagnose einer ulnaren Seitenbandruptur ist überflüssig, da sie nur zu einer Zeitverzögerung der Diagnosestellung führt und häufig positive wie negative Fehleinschätzungen resultieren können. Die alten Grundsätze der Medizin, dem Patienten zuhören, ihn ansehen und ihn anfassen sind bei dieser Verletzung der technisch-apparativen Diagnostik (außer dem Röntgen!) überlegen.

Therapie

Bei einer Instabilität des Daumengrundgelenkes durch eine ulnare Seitenbandruptur ist eine Operation nahezu immer indiziert. Problematisch ist, dass es eine Sonderform gibt, die sog. „Stener-Läsion“. Dabei luxiert der Bandapparat aus dem Gelenk heraus und kann somit niemals wieder an seiner natürlichen Ansatzstelle anwachsen.

Da in den allermeisten Fällen ein Abriss des ulnaren Seitenbandes direkt am Knochen vorliegt, muss das Band wieder am Knochen fixiert werden. Dies erfolgt durch einen sog. Nahtanker. Dabei handelt es sich um eine Art Dübel mit einer anhängenden Naht. Es wird in der Grundgliedbasis ein Bohrloch angelegt, in den dieser Nahtanker, je nach Produkt, eingesteckt oder eingedreht wird. Die Nahtanker liegen in Titan oder resorbierbar, d. h. selbstauflösend, vor. Eine Entfernung ist nicht nötig.

Liegt ein „echter“ Riss des Bandes vor, so kann dieses natürlich direkt genäht werden.

Bei einer knöchernen ulnaren Seitenbandruptur muss je nach Größe des Knochenbruchstückes und der intraoperativen Situation entschieden werden, ob das Knochenstück wieder fixiert werden kann oder ob es entfernt werden muss. Dann würde man in die Ausrissfläche wiederum einen Nahtanker einbringen um das ulnare Seitenband zu fixieren.

Anschließend muss das Daumengrundgelenk, je nach Einschätzung des Operateurs für 4-6 Wochen mit einer Unterarmschiene und Einschluss des Grundgelenkes ruhig gestellt werden. Die Bewegung des Endgelenkes sollte sofort begonnen werden, da eine häufige Folge der Verletzung und ihrer Behandlung eine Bewegungsstörung sowohl des Daumengrund- als auch Endgelenkes ist. Dies resultiert aus der Vernarbung der Kapsel und der Verklebung der Sehnen. Letztlich ist aber eine Bewegungseinschränkung des Grundgelenkes für die Funktion des Daumens wesentlich weniger störend als eine ulnare Seitenbandinstabilität.

Chronische Insuffizienz des ulnaren Seitenbandes

Im Falle einer übersehenen, ignorierten oder unvollständig geheilten ulnaren Seitenbandruptur kommt es zu einer chronischen Instabilität mit Schmerzen und einer eingeschränkten Handfunktion. Je nach Ausmaß der Funktionsstörung kann diese derart behindernd sein, dass eine Therapie erforderlich wird. Die Stabilisierung des Daumengrundgelenkes kann, je nach Bedürfnis des Patienten mit einer Orthese oder durch eine Operation erfolgen.

Bei einem operativen Eingriff kann das Seitenband durch eine Bandplastik wiederhergestellt werden. Vom Unterarm wird eine Sehne entnommen, diese dann durch ein Bohrloch im Köpfchen des Mittelhandknochens durchgezogen und an der Basis der Grundgliedbasis fixiert. Zur sichereren Heilung der Bandplastik transfixiere ich dann das Gelenk mit einem dünnen Draht für ca. 4 Wochen. Anschließend kann vorsichtig mit Handtherapie begonnen werden.
Leider verbleibt meist eine Bewegungseinschränkung, gelegentlich können Instabilitäten verbleiben.

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