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Ellenseitiger Handgelenksschmerz (Diskusläsion, Ulna-Impaction, Instabilität)

Ein häufiger Ort für Handgelenksschmerzen ist die Ellenseite (Kleinfingerseite) des Handgelenkes. Das Drehgelenk des Unterarmes, das distale Radioulnargelenk (DRUG), wird von der Elle und der Speiche gebildet. Dabei ist die Elle der „ruhende Anteil“, d.h. die Speiche dreht sich bei der Unterarmdrehung um die Elle. Dieses Drehgelenk wird dabei im Alltag permanenter Belastung ausgesetzt. Ein Bandkomplex zwischen Elle und Speiche, der sog. TFCC (triangulärer fibrokartilaginärer Komplex) stabilisiert das distale Radioulnargelenk und sorgt dafür, dass die Gelenkführung und Stabilität gewährleistet sind. Ein Teil dieses TFCC ist der sogenannte Diskus ulnokarpalis (syn. Diskus triangularis). Er spannt sich wie eine Hängematte über dem Ellenköpfchen und grenzt das Köpfchen der Elle wie ein Puffer gegen Mondbein (Lunatum) und Dreiecksbein (Triquetrum) der Handwurzel ab. Je nach Längenverhältnis der Elle und der Speiche zueinander ist der Diskus dünner oder dicker.

Diese Region ist besonders bei Drehbelastungen im Alltag (Beruf, Haushalt), beim Sport aber auch bei Verletzungen gefährdet. Sowohl durch allmähliche Abnutzung aber auch als Folge von Stürzen (Distorsion, Radiusfraktur) kann es hier zu Einrissen am Diskus triangularis, zu Knorpelschäden an Ellenköpfchen oder Mondbein und zur Insuffizienz des LT-Bandes (lunotriquetrales Band) kommen. Meist kommt es dabei zu einer Synovialitis (Entzündung der Gelenkschleimhaut) in diesem Bereich, die zu den typischen Beschwerden führt.

Erscheinungsbild

Die Beschwerden auf der Kleinfingerseite des Handgelenkes beginnen oft allmählich, aber auch nach Verletzungen, häufig nach Radiusfrakturen. Es besteht eine Schwellung und ein Druckschmerz über dem ellenseitigen Handgelenk, der sich bei Drehung mit Belastung (z.B. auswringen eines Lappens, tragen einer Getränkekiste, öffnen eines Drehverschlusses) verstärkt. Auch längeres Arbeiten an der Tastatur mit abgewinkeltem Handgelenk und nach unten gedrehter Handfläche (Pronation) verstärkt die Beschwerden.

Der Schmerz kann wie ein „Messerstich“ plötzlich auftreten aber auch als Dauerschmerz. Verschiedene Untersuchungstechniken bei der klinischen Untersuchung weisen auf eine Diskusläsion oder ein Ulna-Impaction-Syndrom hin. Natürlich kann auch eine Arthrose (Abnutzung) im DRUG solche Beschwerden verursachen.

Ist es durch einen Sturz zu einem Abriss des Diskus an seiner Anheftung an der Elle gekommen, so kann es zu einer symptomatischen Instabilität kommen. Das bedeutet, dass die Elle im DRUG eine vermehrte Verschieblichkeit aufweist, die zu Schmerzen führt.

Diagnose

Wie immer stellt die Befragung und klinische Untersuchung des Patienten den ersten Schritt auf dem Weg zur Diagnose dar. Danach wird eine Röntgen-Untersuchung des Handgelenkes in 2 Ebenen angefertigt. Dabei ist es wichtig, dass der Patient bei der Aufnahme die Schulter 90° abspreizt und den Ellenbogen 90° beugt. Nur so liegt eine Neutralstellung im Handgelenk vor, die eine korrekte Längenbestimmung der beiden Unterarmknochen zueinander (Ulnavarianz) ermöglicht. Eine sogenannte Belastungsaufnahme, bei der die Faust kräftig geschlossen oder ein Ball zusammengedrückt wird, vervollständigt die Untersuchung.

Besteht danach Unklarheit oder werden andere Veränderungen vermutet, so ist die kontrastmittelverstärkte Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT, Kernspin-Tomographie) der nächste Untersuchungsschritt.

Ulnavarianz (Ulna-Plus, Ulna-Minus), Ulna-Impaction

Eine entscheidende Bedeutung für die Diagnose und die Planung der Therapie stellt das Längenverhältnis zwischen Ulna (Elle) und Radius (Speiche) dar, die sog. Ulnavarianz. Gemäß der statistischen Normalverteilung findet man in der Bevölkerung am Handgelenk drei Varianten. Die Elle und die Speiche sind gleich lang, sog. Ulna-Neutralvarianz. Dies ist der häufigste Fall. Ist die Elle kürzer als die Speiche, so spricht man von Ulna-Minus, ist sie länger von Ulna-Plus. Alleine die Längenvariante ist nicht unbedingt ein krankhafter Faktor. Hinzu kommt, dass die Elle bei Faustschluss unter Belastung bei Einwärtsdrehung (Pronation) eine unterschiedliche Tendenz zur Verlagerung nach distal, also in Richtung Handwurzel hat. Dies können im Extremfall einige Millimeter sein. Dadurch verstärkt sich der Druck aus den Diskus triangularis bei Belastung.

Kommt es zu einer erheblichen Verlagerung in Richtung Handwurzel, so spricht man von Ulna-Impaction. Dabei kommt der Diskus triangularis im Laufe des Lebens immer und immer wieder unter Belastung und kann mit der Zeit zermalmt werden. Es kommt dann zum Knorpelschaden am Ulnaköpfchen und im Bereich des ulnarseitigen Mondbeines, im Extremfall auch zum Riss des lunotriquetralen Bandes (LT-Band).

Therapie

Die Feststellung einer Diskusläsion an sich ist kein Grund für eine operative Therapie. Häufig werden Patienten mit einer MRT-Untersuchung bei mir vorstellig, in der sich eine Läsion des Diskus triangularis ergeben hat. Dieser Befund alleine rechtfertigt aber noch keine operative Therapie!

Es bedarf unbedingt einer genauen Untersuchung (s.o.), die die Beschwerden auch mit den Untersuchungsbefunden in Einklang bringt.

Arthroskopie

Wenn die Indikation zur operativen Behandlung besteht, so ist die Arthroskopie (Spiegelung) des Handgelenkes die Behandlung der Wahl. Dabei wird mit einer Kamera in das Gelenk eingegangen und mit Instrumenten (Zangen, Shaver) eine Therapie durchgeführt. Die instabilen Ränder des Diskus werden abgetragen (ähnlich der Meniskusresektion im Kniegelenk) und die meist entzündlich veränderte Gelenkschleimhaut entfernt (Synovialektomie). Dabei können auch der Knorpel und die Handgelenksbänder beurteilt werden. In einem hohen Prozentsatz der Fälle können die Beschwerden damit beseitigt werden. Liegt aber eine Ulna-Plus-Variante vor und bestehen weiter Beschwerden, so ist die Ulna-Verkürzungsosteotomie der nächste Behandlungsschritt.

Liegt ein Abriss des Diskus triangularis vor, so muss dieser refixiert, also wieder angenäht werden. Dies kann in den meisten Fällen ebenfalls minimal invasiv bei der Arthroskopie erfolgen.

Ulna-Verkürzungsosteotomie

Liegt eine symptomatische Ulna-Plus-Variante vor und bestehen nach der Arthroskopie weiter Beschwerden, so ist die Ulna-Verkürzungsosteotomie der nächste Behandlungsschritt. Dabei wird mit Hilfe eines Spezialinstrumentariums eine Verkürzung der Elle vorgenommen, um den Druck im ellenseitigen Handgelenk zu verringern. Das Ausmaß der Verkürzung muss dabei auf den Einzelfall abgestimmt werden. Wichtig ist hier bei der Indikationsstellung auch die Form des distalen Radioulnargelenkes. Meist genügt eine Verkürzung von wenigen Millimetern.

Die Elle wird mit einer winkelstabilen Spezialplatte stabilisiert (Ulna-Verkürzungsplatte, Fa. Martin, Tuttlingen), die zu einer sehr hohen Stabilität führt. Die Platte wird auf der Elle so angebracht, dass sie von Muskulatur bedeckt ist und in der Regel nicht entfernt werden muss.

Die Operation kann ambulant oder stationär erfolgen, mit starken Schmerzen nach der OP muss nicht gerechnet werden.

Nachbehandlung

Nach der Arthroskopie genügt eine kurzzeitige Ruhigstellung mit einer Unterarmschiene, in der Regel 5-7 Tage. Danach kann mit dem langsamen Belastungsaufbau begonnen werden. Eine spezielle Handtherapie ist meist nicht nötig.

Nach der Ulna-Verkürzungsosteotomie ist eine 2-4wöchige Ruhigstellung mit einem Gips bis zum Oberarm erforderlich. Nach Gipsabnahme wird mit Handtherapie (Krankengymnastik, Ergotherapie) begonnen. Eine Belastung ist meist nach 8-12 Wochen wieder möglich. Nach Refixierung des Diskus triangularis muss 6 Wochen in einer Oberarmschiene ruhig gestellt werden.

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